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Online-Publikation von Wolfgang Menz und Sarah Nies
Wolfgang Menz ist Professor für Soziologie, insbesondere Arbeit, Organisation und Innovation, am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg.
Sarah Nies vertritt die Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt Digitalisierung in der Arbeitswelt an der Georg-August-Universität Göttingen und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung – ISF München.
Sarah Nies und Wolfgang Menz arbeiten seit Längerem gemeinsam zu den Themen Reorganisation von Arbeit, Subjektivität und Ansprüche an Arbeit, Digitalisierung, Leistung und Belastung.
Die Studie ist zuerst auf rosalux.de erschienen.
Innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise ist erwerbsförmige Arbeit immer in ein Herrschaftsverhältnis eingebettet. Wie alle Herrschaftsordnungen sind Betriebe auf Legitimation angewiesen. Zumindest trifft dies zu, wenn man Max Weber folgt: Herrschaft könne nur dann stabil «funktionieren», wenn sie erfolgreich Legitimität beanspruchen kann. Legitimität und Zwang sind dabei keine Alternativen, sondern stehen in engem Zusammenhang. Gerade um Zwang zu begründen und zu stabilisieren, ist immer ein gewisser Glaube an dessen Richtigkeit und Angemessenheit notwendig, so Weber.
Wir adressieren in unserem Beitrag die Frage, welche normativen Ansprüche Beschäftigte an Arbeit und Arbeitsorganisation stellen, werfen – damit zusammenhängend – Fragen der Legitimation und Stabilität betrieblicher Herrschaft auf und skizzieren Perspektiven für Widerstandspotenziale und Kritik.
Mit der Perspektive auf Legitimation geraten sowohl strukturelle – ökonomische und organisationale – Entwicklungen als auch die Subjektperspektive von Beschäftigten in den Blick. Wir interessieren uns hier weniger für Managementideologien und Rechtfertigungsbemühungen «von oben», sondern für die normativen Erwartungen der Beschäftigten – die auf strukturelle Veränderungen und freilich auch Legitimierungsweisen reagieren. Normative Ansprüche können dabei einerseits die Legitimität einer Ordnung, hier: des Betriebs, stabilisieren. Normative Ansprüche stellen andererseits aber auch eine Grundlage für die Formulierung von Kritik dar. Sie bilden die Basis, um die Legitimität einer bestehenden Ordnung gleichermaßen zu sichern oder infrage zu stellen. Wenn Beschäftigte normative Ansprüche formulieren, die im Betrieb systematisch verletzt werden, gefährdet das auch die Legitimation betrieblicher Herrschaft. Normative Ansprüche bzw. ihre Verletzung sind so auch ein wichtiger Baustein interessenpolitischer Mobilisierung. Gleichzeitig sind normative Ansprüche nicht statisch und ihre Herausbildung, Formulierung und Durchsetzung selbst umkämpft.
In unserem Beitrag möchten wir umreißen, was die Prinzipien und konkreten Ansprüche sind, an denen die Beschäftigten Arbeit und Betrieb messen, und welchem Wandel diese Ansprüche – und die Chancen ihrer Realisierung – unterliegen. Darüber hinaus interessieren wir uns dafür, welche Handlungsorientierungen mit den normativen Ansprüchen einhergehen, wann die Ansprüche als Kritikprinzipien fungieren bzw. wann sie umgekehrt die Legitimität der betrieblichen und gesellschaftlichen Ordnungen von Arbeit stützen und was daraus für interessenpolitische Mobilisierung, Widerstandspotenziale und politisches Bewusstsein folgt.