March 18, 2021

Der lange Weg zur Drohnenmacht

Matthias Monroy

Unbemannte Systeme bei der Bundeswehr – in German language!


Matthias Monroy ist Wissensarbeiter, Aktivist und Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP. Er publiziert in linken und alternativen Medien, darunter Telepolis und netzpolitik.org. Für den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko stellte er zehn Jahre lang parlamentarische Anfragen zu militärischen und polizeilichen Sicherheitsarchitekturen in Europa, darunter auch zu militärischen und polizeilichen Drohnen. Alle Texte unter digit.so36.net, auf Englisch digit.site36.net, auf Twitter @matthimon.


Der Krieg verändert sich, ständig. Die Geschichte des Krieges ist die der fortlaufenden Entwicklung von Kriegswaffentechnologien. Auch die Geschichte des Friedens ist die Geschichte dieser Technologien und ihrer Kontrolle, damit sie nicht – wie in Goethes Zauberlehrling – zu den Geistern werden, die die modernen Gesellschaften riefen und nicht mehr loswerden, und damit ihre Zerstörungskraft nicht gegen die Gesellschaften verwendet wird, die sie als Mittel der Politik und des Profits ersannen.

Fest steht: Waffensysteme werden entwickelt, um besser Krieg führen zu können. Fest steht auch: einmal produzierte Kriegswaffen werden im Krieg zum Einsatz kommen – und werden sie im Inland produziert, werden sie exportiert, denn die Trennung zwischen innen und außen existiert nicht bzw. nur in der Theorie. Zu den neueren Entwicklungen in der Aufrüstung, die ihre Befürworter*innen als «Ausrüstung» verharmlosen, gehören Drohnen, das heißt unbemannte Luftfahrzeuge.

Als Aufklärungsdrohnen gibt es sie schon seit einigen Jahrzehnten. Die Bundesrepublik Deutschland gehörte diesbezüglich zu den ersten Staaten, die auf diese neue Technologie zu militärischen Aufklärungszwecken setzten. Doch auch als solche sind Drohnen Kriegswaffen, die zum Beispiel Daten zu gegnerischen militärischen Stellungen liefern und entsprechend Kriegsmanöver vorbereiten. Als im Krieg in Afghanistan am 4. September 2009 die US-Luftwaffe im Auftrag der deutschen Bundeswehr um die 100 Menschen, darunter viele Kinder und Frauen, durch einen Bombenabwurf bei Kunduz im nordöstlichen Afghanistan tötete, hatten im Vorfeld Drohnen das Terrain ausgekundschaftet.

Die Bundesregierung verstärkt seit einiger Zeit ihre Bemühungen, die Bundeswehr mit Drohnen aus- und aufzurüsten, die bewaffnungsfähig sind, die also Munition transportieren und sie ferngesteuert aus der Luft abschießen können. Innerhalb der amtierenden Bundesregierung ist dieses Vorhaben durchaus umstritten. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und einige seiner Kolleg*innen haben die Ziele der CDU/CSU und SPD-geführten Regierung kritisiert und fordern eine breitere Debatte, bevor es im Bundestag 2021 zu einer Abstimmung in dieser Frage kommen kann, die die CDU-Verteidigungsministerin und die CDU/CSU gern schon im Dezember 2020 gesehen hätten. Die Friedensbewegung mobilisiert gegen die Drohnenbewaffnung und wird dabei von der Oppositionspartei DIE LINKE unterstützt. Sinnvoll erscheint dabei die Verknüpfung mit einer Kampagne gegen Airbus, denn der Luftfahrtkonzern ist im Hinblick sowohl auf bewaffnete als auch unbewaffnete Drohnen längst führender Service-Dienstleister, nicht zuletzt für die Ausstattung des europäischen Grenzregimes Frontex.

In der vorliegenden Studie wird die Entwicklung der Beschaffung von Aufklärungs- und bewaffnungsfähigen Drohnen durch die Bundeswehr dargestellt.

Der Autor Matthias Monroy zeigt auf, welche lange Vorlaufzeit dieser Prozess hatte und welche Tiefe er längst genommen hat. Die Studie leistet damit notwendige Recherchearbeit für die politische Diskussion der Drohnenfrage innerhalb und außerhalb des Parlaments. Sie eignet sich insbesondere als unterstützendes Informationsmaterial für die vielen friedensbewegten Initiativen, die seit Monaten nicht zuletzt auf die SPD in der Bundesregierung einwirken, ihre Haltung in dieser Frage noch einmal zu überdenken. Zugleich soll sie als Bildungsmaterial die Öffentlichkeit über den Stand der Entwicklung informieren und zur demokratischen Willensbildung beitragen. Eine politische Entscheidung dieser Tragweite bedarf der breitesten Öffentlichkeit; sie herzustellen muss das Anliegen aller demokratischen Kräfte sein.

Aus dem Vorwort von Norbert Schepers und Ingar Solty