April 26, 2021

Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF

Peter Clausing, Lena Luig, Jan Urhahn, Wiebke Beushausen

Ein Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen


Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF ist eine gemeinsame Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, des INKOTA-netzwerk und von PAN Germany

Diese Publikation wurde zuerst auf rosalux.de veröffentlicht.


Die beiden deutschen Agrarchemiekonzerne entwickeln und vermarkten hochgefährliche Pestizidwirkstoffe, die die Gesundheit von Landarbeiter*innen, Bauern und Bäuerinnen in Brasilien, Mexiko und Südafrika schädigen.

In ihrer Studie zeigen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, das INKOTA-netzwerk und PAN Germany, dass Bayer und BASF für die Vermarktung und teils Entwicklung von mindestens 33 Pestizidwirkstoffen verantwortlich sind, die eine akute Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen. Viele dieser Wirkstoffe sind bereits bei geringer Dosierung tödlich, andere gelten als wahrscheinlich krebserregend, erbgutschädigend oder reproduktionstoxisch. In Brasilien, Mexiko und Südafrika lassen sich mindestens acht dieser Wirkstoffe in den Pestizidportfolios der beiden Unternehmen nachweisen. Darunter Glufosinat und Spirodiclofen.

In Südafrika vertreiben die beiden deutschen Agrarchemieunternehmen insgesamt sechs Wirkstoffe in eigenen Pestizidprodukten, deren Einsatz in der EU auf Grund der Gesundheitsgefahren verboten ist. In Brasilien und Mexiko sind es jeweils sieben beziehungsweise fünf Wirkstoffe in eigenen Pestiziden. Den Preis dafür bezahlen Bauern und Bäuerinnen sowie Landarbeiter*innen im globalen Süden mit ihrer Gesundheit. Auf Weinfarmen in der Provinz Westkap in Südafrika kommt unter anderem das Insektizid Tempo SC von Bayer in großem Stil zum Einsatz. Es enthält den hochgiftigen Wirkstoff (Beta-)Cyfluthrin, der schon in einer geringen Dosierung tödlich ist. Auf einigen Farmen werden Landarbeiter*innen selbst dann in die Weinberge geschickt, wenn gleichzeitig hochgefährliche Pestizide gesprüht werden.

Obwohl sich Bayer 2013 öffentlich verpflichtet hatte, keine Wirkstoffe von hoher akuter Giftigkeit (WHO-Kategorien 1A/1B) mehr zu vermarkten, geschieht dies weiterhin: Unter anderem liefert Bayer den Wirkstoff Fenamiphos nach Brasilien, der dort von einem anderen Unternehmen verarbeitet und als NEMACUR vermarktet wird. Trotz der großen Intransparenz auf dem internationalen Pestizidmarkt gelang es den Autor*innen der Studie, am Beispiel von Fenamiphos den verdeckten Handel mit diesem hochgefährlichen Bayer-Wirkstoff nachzuweisen. Obwohl Bayer selbst keine Pestizide mit dem Wirkstoff vertreibt, gelangt der ursprüngliche Bayer-Wirkstoff Fenamiphos über die Pestizidprodukte anderer Hersteller in Brasilien auf den Markt.

Um die Doppelstandards im internationalen Handel mit Pestizidwirkstoffen zu beenden braucht es unter anderem einen Exportstopp von hochgefährlichen Wirkstoffen aus Deutschland und der EU.

Infografiken

Global führende Pestizidhersteller stehen zunehmend wegen ihrer umwelt- und gesundheitsschädlichen Produkte in der Kritik. Doch was bislang häufig unbeachtet bleibt, sind die Doppelstandards, mit denen Konzerne wie Bayer und BASF ihre Pestizidwirkstoffe global vermarkten. Denn deutsche Pestizidhersteller produzieren zahlreiche Wirkstoffe, die in der EU gar nicht (mehr) erlaubt sind und exportieren sie in Länder des globalen Südens, in denen die Regelungen zur Pestizidzulassung im Vergleich zur EU oftmals schwächer sind. Aus Deutschland wurden im Jahr 2019 zahlreiche Wirkstoffe exportiert, die heutzutage nicht in der EU erlaubt sind, darunter Glufosinat, Methiocarb oder (Beta-)Cyfluthrin. Die Bezeichnungen der Wirkstoffe sind abstrakt, ihre Wirkungen sind tödlich in geringer Dosierung, sie sind wahrscheinlich krebserregend oder erbgutschädigend. Leidtragende sind Bauern und Bäuerinnen sowie Landarbeiter*innen im Globalen Süden. Das BASF-Pestizid BASTA SL 200 kommt auf Zitrusfarmen im Gamtoos-Tal und im Sundays River Valley in der Provinz Ostkap in Südafrikazum Einsatz. Es enthält den BASF-Wirkstoff Glufosinat, der seit Mitte 2018 in der EU nicht mehr erlaubt ist. Er gefährdet wahrscheinlich das ungeborene Leben beziehungsweise ist fruchtbarkeitsschädigend. Die Landarbeiter*innen auf den Farmen klagen im Zusammenhang mit der Ausbringung der Pestizide unter anderem über Kopfschmerzen, Halsschmerzen und andere Beschwerden. In der Studie «Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF» werfen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, das INKOTA-netzwerk und PAN-Germany einen Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen und fordern einen Exportstopp von hochgefährlichen Pestizidwirkstoffen aus Deutschland und der EU.

Bayer und BASF haben mindestens 25 Pestizidwirkstoffe entwickelt und/oder vermarktet, die nach Kategorisierung der Weltgesundheitsorganisation extrem oder hochgiftig sind. Das heißt, sie sind bereits in einer geringen Dosierung tödlich und von ihnen geht eine hohe, direkte Lebensgefahr für den Menschen aus. Teilweise vermarktet Bayer noch heute diese Wirkstoffe in eigenen Pestiziden oder über Umwege in Brasilien, Mexiko, Südafrika oder anderen Ländern, obwohl sich der Konzern bereits im Jahr 2013 öffentlich verpflichtet hatte diese Wirkstoffe aus seinem Produktportfolio zu nehmen. Bayer hat zum Beispiel weiterhin Produkte mit dem hochgiftigen Wirkstoff (Beta-)Cyfluthrin in Brasilien, Mexiko und Südafrika im Angebot. Auf Weinfarmen in der Provinz Westkap in Südafrika kommt unter anderem das Insektizid Tempo SC von Bayer in großem Stil zum Einsatz, das diesen Wirkstoff enthält. Auf einigen Farmen werden Landarbeiter*innen selbst dann in die Weinberge geschickt, wenn gleichzeitig hochgiftige Pestizide gesprüht werden. Das ist eine immense Gefährdung der Gesundheit der Arbeiter*innen. In der Studie «Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF» werfen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, das INKOTA-netzwerk und PAN-Germany einen Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen. In der Studie wird klar, dass freiwillige Selbstverpflichtungen der Agrarchemiekonzerne nicht ausreichen. Es braucht ein völkerrechtlich verbindliches, globales Produktions-, Lagerungs- und Exportverbot für hochgefährliche Pestizidwirkstoffe.

Beim Pestizideinsatz belegte China im globalen Vergleich im Jahr 2018 mit rund 1,77 Millionen Tonnen den ersten Platz, gefolgt von den USA mit circa 407.800 Tonnen und Brasilien mit 377.200 Tonnen. Deutschland vermeldete einen Pestizideinsatz von 44.900 Tonnen. Brasilien ist damit einer der Staaten mit dem höchsten Pestizideinsatz weltweit. In dem Land sind mindestens neun von Bayer und BASF entwickelte und/oder vermarktete Pestizidwirkstoffe auf dem Markt, die in der EU wegen Risiken für die Gesundheit nicht erlaubt sind. Bayer und BASF sind direkt am Verkauf von acht dieser Wirkstoffe beteiligt, indem sie die Wirkstoffe entweder selbst über eigene Produkte vermarkten oder wie in einem Fall Bayer den Wirkstoff an ein anderes Unternehmen liefert. Die Folgen des Pestizideinsatzes sind oftmals schlimm: in der indigenen Gemeinde Tey Jusu im (Mato Grosso do Sul) litten Bewohner*innen Anfang 2020 unter Symptomen wie Kopf- und Halsschmerzen, Durchfall und Fieber, nachdem das Bayer-Fungizid Nativo per Flugzeug ausgebracht wurde. Insgesamt wurden in Brasilien zwischen 2009 und 2019 offiziell 48.150 Pestizidvergiftungen registriert – das sind im Durchschnitt 4.377 Fälle pro Jahr. Dabei liegt die tatsächliche Zahl laut Schätzungen angesichts der vielen nicht gemeldeten Fälle etwa 50 Mal höher. In der Studie «Doppelstandards und Ackergifte von Bayer und BASF» werfen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, das INKOTA-netzwerk und PAN-Germany einen Blick hinter die Kulissen des internationalen Handels mit Pestizidwirkstoffen.